Von kulinarischem Heimweh und was man beim Kochen in der neuen Heimat so alles lernt …
Unser Heimweh hielt sich gottlob in Grenzen. All das Aufregende und Neue lenkte uns ab, so dass wir nicht viel zum Nachdenken kamen. Wer allerdings schon ziemlich schnell Heimwehsymptome zeigte, war mein Magen. Ich esse für mein Leben gern und das Essen in Peking ist wirklich super lecker. Allerdings packte mich schon bald die Lust auf ein schönes Gulasch. So durchstöberte ich den Supermarkt nach Paprika, Zwiebeln und allem was man sonst benötigt und holte beim deutschen Metzger schöne Rindfleischstückchen. Mit Feuereifer schnippelte und brutzelte ich und der Duft der sich schon bald ausbreitete, verhieß Gutes.
Gulasch braucht ja erfahrungsgemäß so seine Zeit. Den Reis dazu würde ich später noch schnell machen. Motiviert durch das Gulaschkochen beschloss ich noch einen Kuchen zu backen. Aber erst wollte ich mit dem Backofen einen Testlauf machen. Wie sich bald herausstellte wurde der Backofen genauso wie der Herd mit Gas betrieben. Ich suchte nach einer Bedienungsanleitung wurde aber leider nicht fündig. Da ich technisch nicht ganz ungeschickt bin, traute ich mir das natürlich auch ohne Anleitung zu. So schwer konnte es ja nicht sein. Ich fand prompt den Knopf für den Ofen und drehte ihn auf. Nach kurzer Zeit fasste ich vorsichtig an die Scheibe des Ofens, sie war kalt wie zu Anfang. Ich stutze kurz. Na klar! Man musste zünden, wie bei der Herdplatte. Prompt fand ich den Knopf zum Zünden, leider schneller als mein Gehirn zum Nachdenken kam. WOMMM!!! Ein heftiger Knall. Ich hechtete zur Seite. Der Knall hatte wohl auch meine Hirnleitung frei gepustet und ich wusste sofort … sammelt sich Gas in einem abgeschlossenen Bereich und zündet dann … !!!
Der Ofen war – Gott sei Dank – für Kopflose-Menschen ausgelegt und außer einem heftigen Knall war nichts passiert. Die Mädels kamen allerdings aufgeschreckt aus ihrem Zimmer gestürmt und brüllten: „Maamaaa, was ist passiert?“ Mit weit aufgerissenen Augen blieben sie neben mir stehen. Nach meinem Hechtsprung war ich in Schockstarre am Boden liegen geblieben. Besorgt beugten sie sich über mich. „Mama alles ok?“
„Ja, ja, alles gut!“, sagte ich schnell, „Ich bin nur am Kochen.“
Irritiert schauten mich beide an und die Große meinte: „In Deutschland kochst du aber nie so laut.“
Backen hatte sich also erst mal erledigt. Ich betete, dass sich in unserem Haus zukünftig ein Elektrobackofen befand. Nichtsdestotrotz brauchte das Gulasch noch weitere 1 ½ Stunden. Und da es erst mal nichts zu tun gab und ich nach dem Schock dringend kurz raus musste, beschloss ich mit den Mädels einen kleinen Abstecher zu meinem Mann in den Fitnessraum zu machen. Wir tribbelten los und fanden den Fitnessbereich recht schnell. Mein Mann meinte: „Hmmm, ihr riecht lecker, mir läuft schon jetzt das Wasser im Mund zusammen.“
Die Mädels hatten ihren Spaß, und tobten sich aus. Sie kletterten über sämtliche Geräte und spielten Rundlauf im Gymnastikraum. Nach zwanzig Minuten war mein Mann fertig, außerdem wurde es für mich wieder Zeit umzurühren. Wir machten uns gemeinsam auf den Rückweg. Als ich die Tür zum Appartement aufschloss, stürmte die Kleine voraus. Mein Mann schupperte und wollte gerade etwas sagen … als die Kleine brüllte: „Maamaaa, hieer riecht’s verbrannt!“
„Wie? VERBRANNT!“ Ich ließ alles fallen und stürzte in die Küche und zum Kochtopf, wo sich der Brandgeruch bedrohlich intensivierte. Vorsichtig hob ich den Topfdeckel, rührte vorsichtig im Topf und guckte ungläubig auf das was ich da sah. Am Topfboden hatte sich eine dicke hässliche schwarze Kruste gebildet. „Ach was, das ist nur am Boden …“, beschwichtigte ich, mein Gulaschhunger hatte jegliche Erfahrung und besseres Wissen komplett ausgeblendet, „… der obere Teil ist noch gut!“ Vorsichtig schöpfte ich alles was noch nicht schwarz war in einen neuen Topf und nahm eine Kostprobe. Drei Augenpaare schauten mich erwartungsvoll an, mein Mann und die Kids hatten sich rund um den Topf versammelt. Ich nahm noch eine Kostprobe und dann noch eine und dann besiegte die Realität meine Zuversichtsamnesie. „Es schmeckt fürchterlich!“ Deprimiert und den Tränen nah, ließ ich den Kochlöffel sinken.
Der Brandgeruch hatte jedes zarte Stückchen Gulasch durchzogen und nun das feine Aroma eines verkokelten Holzstücks. Ich betrauerte noch eine Weile das – was es hätte sein können – und übergab dann, die extrem lecker aussehenden jedoch nicht minder fürchterlich schmeckenden Fleischstückchen, weihevoll, Schöpflöffel für Schöpflöffel, den Tiefen des Mülleimers.
Das große Mitleid für mich, übertraf den Riesenhunger und die unglaubliche Gulaschvorfreude meiner Lieben. Das Wasser, das sich bereits im Mund der drei angesammelt hatte, schluckten sie tapfer, zusammen mit vielen Vorwürfen und dem Geschmack von Heimat, einfach runter und trösteten mich.
Schon wieder hatte ich in unserer neuen Heimat etwas gelernt … wie man einen Gasofen auf keinen Fall bedient und dass die kleinste Stufe am Gasherd, von der Kochstärke nicht mit dem Elektroherd gleichzusetzen ist. Und nachdem die Bevorratung in unserem Serviceappartement nicht so üppig war, gab es an diesem Tag Reis pur und so fiel unsere erste deutsche Mahlzeit recht chinesisch aus.
Im Leben kommt ja meistens eins zum anderen … wie unser Fahrer von jetzt auf nachher zu einem familiären Notfall musste und was dann geschah …
DU MÖCHTEST AUF KEINEN FALL VERPASSEN WIE ES WEITERGEHT?
Name und Adresse eintragen und los gehts!
Haha! Das muss ich dementieren. Du kochst auch in Deutschland laut 🙂
View CommentWiiieee??? Ich und laut kochen
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