Ein fünftägiger Look-and-see-Trip nach Peking, die Möglichkeit für uns einen ersten Eindruck von unserer neuen Heimat zu gewinnen und nun endgültig den finalen Knoten zu knüpfen oder auch unsere allerletzte Chance einen Rückzieher zu machen …

Die Entscheidung nach China zu gehen ist gefallen. Jetzt ging es für uns einen Schritt weiter, hin zur Realisation mit dem Look-and-see-Trip nach Peking.

Look and see! Drei harmlose Worte, die es in sich haben. Selbst mit dürftigen Englischkenntnissen, lassen sie sich leicht übersetzen. Was jedoch dieses „schauen und sehen“  in der Realität eines künftigen Expats bedeutet, das kann man erst nachvollziehen, wenn man diese drei Worte durchexerziert hat. Im Übrigen – Expat nennt man gemeinhin Fachkräfte, die von einer internationalen Firma für einige Jahre ins Ausland entsandt werden. Wobei das „Ex“ für „aus“ und „pat(riate)“ für Vaterland steht.

Bevor wir uns nun endgültig entscheiden würden unserem Vaterland für einige Zeit den Rücken zu kehren, wollten wir erst einmal von den besagten drei Worten Gebrauch machen. Was bedeutete, für einige Tage nach Peking zu reisen, um einen ersten Eindruck zu bekommen. Und für den Fall, dass wir nicht komplett abgeschreckt waren, wollten wir uns direkt nach einer Unterkunft umsehen.

Am Flughafen holte uns eine resolute und nicht minder lebhafte Deutsche ab. Durch ihren Redeschwall wurden wir verbal zu einem großen Van geschleust. Preußisch gewissenhaft flutete sie uns mit jeglicher Art von Information. Hatte sie keine Infos für uns, so floss ihre Wortgewalt in Richtung chinesischem Fahrer. Der nickte immer wieder geduldig und brachte uns – so nahmen wir zumindest an – dahin wo sie sagte. Beeindruckend! Wie fließend man als Deutsche Chinesisch sprechen kann. Sollten wir bei unserer Entscheidung bleiben nach China zu gehen, so wollte auch ich unbedingt Chinesisch lernen.

QUER DURCH DEN GROSSSTADT-DSCHUNGEL VON PEKING

Tschäcker und Näcker

Etwas wunderte ich mich schon über die Anhäufung der Worte Tschäcker und Näcker. Was diese wundersamen Worte bedeuteten wollte ich auf jeden Fall lernen. Später, als ich dann tatsächlich in das Wunderreich der chinesischen Sprache eintauchte, erschloss sich mir jedoch noch mehr, als dass diese beiden Worte (zhège und nàgè) soviel wie „dieses“ und „jenes“ beuteten. Mit fließend aneinander gereihten Worten, gepaart mit dem entsprechenden Selbstbewusstsein, kann man Unwissende recht schnell mit der professionellen Kenntnis einer Fremdsprache beeindrucken. Zudem stellte ich zu meiner Belustigung fest, dass es tatsächlich möglich war, Chinesisch mit einer stark schwäbischen Färbung auszusprechen.

SO LEER SIND PEKINGS STRASSEN HEUTE NUR NOCH SELTEN

So kurvten wir stundelang quer durch Peking und bekamen gezeigt wo die Schule, der Kindergarten, der deutsche Metzger, der deutsche Bäcker, internationale Supermärkte, gute Restaurants, Shoppingmalls, die besten Fake-Märkte, Gemüsemärkte, Blumenmärkte, die deutsche Botschaft, der leckerste chinesische Imbiss, die besten chinesischen und internationalen Krankenhäuser und die zuverlässigste Apotheken gibt. Wir erfuhren wo wir die besten Cashmere-Pullis, billige Stoffe, günstige Bettdecken, die größte Auswahl an Möbeln, trendige Sonnenbrillen, moderne Gartenmöbel und noch vieles mehr erstehen konnten. Aufgrund der Fülle an Informationen herrschte erst einmal gähnende Leere in unseren Köpfen.

 

Housing

Für den kommenden Tag war housing angekündigt. Was bedeutete, dass wir uns einige Häuser anschauen und im optimalsten Falle auch sofort für ein Haus entscheiden würden. Punkt 9 Uhr holte uns die chinesische Maklerin vom Hotel ab. Sie war sehr ruhig und zurückhaltend. Wunderbar! Ich lehnte mich im Auto zurück schaute aus dem Fenster und ließ Peking „einfach so“ auf mich wirken … zumindest für drei Sekunden. Dann erwachte die Maklerin aus ihrem Dornröschenschlaf und transformierte zu einer asiatischen Variante der Dame vom Vortag.

Sie reichte uns eine Mappe und fuhr fort, wo ihre Vorgängerin aufgehört hatte. Einziger Unterschied dabei war, dass nun die Wortflut in Englisch auf uns eintraf.

Die Mappe enthielt eine Auswahl an Compounds. Ein Compound ist ein abgeschlossenes Wohnviertel, in dem wohlhabende Chinesen und meist weniger wohlhabenden Expats aus der ganzen Welt leben. Der Compound wird bewacht und man kann ihn nur mit vorheriger Anmeldung betreten.

Vorsichtig spähte ich in die Mappe. Schon beim kurzen Überfliegen zählte ich 20 Häuser. HILFE! Nun gut, das waren Vorschläge. So viele Häuser anzuschauen, war definitiv nicht möglich. Wie gründlich ich mich in dieser Annahme getäuscht hatte, wusste ich erst am Abend „nachdem“ wir exakt 25! Häuser besichtigt hatten.

Unseren dritten und letzten Tag verwendeten wir dafür, den Kindergarten anzuschauen und uns aus der Endauswahl an Häusern, eines auszusuchen. Der Besuch des Kindergartens verlief ruhig und entspannt. Der Rest des Tages allerdings im absoluten Gegensatz. Wir bewegten uns nur noch zwischen zwei ausgewählten Compounds, aber wir kamen auch an diesem Tag tatsächlich auf weitere 15 besichtigte Häuser. Was zwischendurch unmöglich schien, wurde real. Schlussendlich hatten wir doch noch unser Haus gefunden.

UNSER NEUES ZUHAUSE

Es lag jeweils nur 15 Minuten vom Büro meines Mannes, der Schule und dem Kindergarten entfernt. Das Zentrum war in einer halben Stunde zu erreichen und SANLITUN – ein Stadtviertel, in dem es viele Restaurants und Geschäfte gibt – war auch nur 15 Minuten entfernt. Die Zeitangaben gehen natürlich von der besten Verkehrslage aus. Und ausschlaggebend für unsere Entscheidung, es gab im Compound einen großen Park, in dem unsere, quirligen und an Bewegung gewöhnten Töchter, ihren Auslauf finden würden.

Auf dem Weg zum Flughafen reichte mir mein Mann die Hand und sagte: „Schatz, der offizielle Teil unseres Look-and-see-Trips ist ja jetzt zu Ende. Wäre es in Ordnung wenn ich ein neues Motto vorschlage?“ Innerlich stöhnte ich. Nicht schon wieder ein neues Motto! Schlimmes befürchtend, schaute ich ihn resigniert an und wartete auf das was kommen würde.

„Wie wäre es mit „Sleep-and-silence“?

Ein erleichterter Seufzer, verbunden mit dem sofortigen Schließen der Augen und einem kommentarlosen Zurücksinken in die Polster des Autos, war ausreichend Bestätigung für ihn, dass das neue Motto von mir akzeptiert war. Umgehend widmeten wir uns voll und ganz dem neuen Motto.

Und so geht es weiter …

Alles was wir für unseren dreijährigen Chinaaufenthalt mitnehmen wollen, wird in einem Flugcontainer vorausgeschickt. Ist es möglich sein Leben – zumindest das Allerwichtigste – auf die Maße 306 x 230 x 240cm zu reduzieren? Von Flugcontainern, Kuscheltierkarawanen und schwachen Momenten…

DU MÖCHTEST AUF KEINEN FALL VERPASSEN WIE ES WEITERGEHT?

Name und Adresse eintragen und los geht’s!

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3 thoughts on “LIVING IN CHINA – Look and see, der erste Eindruck

  1. Isabel Hess-Friemann

    Liebe Silke,
    Dein Block ist sehr schön geworden. Du bietest sprachliche und optische Bilder, die einen mitten in die Faszination Eures Abenteuers führen. Der Wechsel in den Beschreibungen von konkreten Situationen, philosophischen Betrachtungen und Emotionen gelingt Dir mit viel Charme und frischen eigenen Wendungen. Es macht Spaß zu lesen! Vielen Dank! Isabel

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  2. Pingback: LIVING IN CHINA – Der erste Arztbesuch in China – WANDERFALKE

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