Mit graute vor dem Winter in Peking. Temperaturen von bis zu -15 Grad, heftige Winde und was macht man nur im Winter in einer Millionenstadt?
In unserem ersten Jahr wurden wir von einem besonders ausgedehnten Sommer, bis weit in den Oktober hinein, verwöhnt. Die lange Sommerzeit in Peking fand ich immer besonders schön, normalerweise dauert sie von Mai bis September. Zwischen Juni und August kann es zweitweise allerdings brennend heiß werden, mit Temperaturen um die 30 Grad und die Luftfeuchtigkeit steigt auf großzügige 60 -70 %. Der fast tropischen Peakzeit (Juli/August) entgingen wir weitgehend, da wir die gesamten Sommerferien in Deutschland verbrachten. Nach dem langen Sommer wurde es von heute auf morgen wesentlich kälter und die Temperaturen bewegten sich um die 15 Grad. Das kühlere Wetter brachte jedoch strahlend blaue Herbsttage mit sich. Die Jahreszeiten wechseln in Peking sehr schnell, ansonsten ist das Wetter wesentlich konstanter als wir es hier von Deutschland kennen.
Der Winter kam Ende November, ebenso von einem auf den anderen Tag und es wurde so richtig kalt. Als sich das Thermometer zum ersten Mal Minus 15 Grad näherte, war ich allerdings positiv überrascht. Diese grausige Zahl fühlte sich so gar nicht schlimm an. Im Gegenteil, ich fand es angenehmer als mancher Wintertag, der sich hier bei uns um die 0-Grad-Grenze tummelt. Verknüpft mit der hohen Luftfeuchtigkeit kriecht unsere Heimat-Kälte buchstäblich bis tief in die Knochen. Im Winter sinkt in Peking hingegen die Luftfeuchtigkeit bis auf 10 % und genau dies nimmt der Kälte ihren Schrecken. Meine Nebenhöhlen waren zudem äußerst begeistert von dem trockenen Winter und dankten es mir damit, dass ich während unserer gesamten Chinazeit absolut beschwerdefrei war. Kein Vorteil ohne Nachteil, die niedrige Luftfeuchtigkeit kann im Gegenzug durchaus die Schleimhäute reizen und man muss darauf achten ausreichend zu trinken. Das allein reicht leider meist nicht aus. Es ist empfehlenswert die Wohn- und Schlafräume mit Luftbefeuchtern auszustatten – was wir nach kurzer Zeit auch machten.
Kaum hatten wir uns draußen an die angenehm trockene Kälte gewöhnt, zeigte uns der Pekinger Winter seine andere Seite. Winde von bis zu 40 km/h holten locker auf, was die niedrige Luftfeuchtigkeit uns ersparte. Innerhalb von Sekunden fühlten wir uns wie schockgefrostet, da der Wind nicht nur bis auf die Knochen geht, sondern durch und durch. Mütterchen Russland bläst einem ordentlich was um die Ohren, denn die Winde kommen über die Mongelei auf direktem Weg von Sibirien.
Nachdem wir uns mit den verschiedenen Gesichtern des Pekinger Winters angefreundet hatten und kleidungstechnisch entsprechend gerüstet waren, unternahmen wir unsere erste Winterexkursion. Erst mal in einem Radius von bis zu 10 km. In unseren ersten Monaten solange es noch warm war, fuhren wir am Wochenende gerne ein paar Kilometer weiter raus Richtung Huairou an den See oder auch etwas Richtung Zentrum in das Stadtviertel Sanlitun, um dort am Fluss entlang zu spazieren.
Der Winter zeigte uns alles im neuen Gesicht. Die konstant niedrigen Temperaturen lassen die Gewässer in Peking relativ schnell zufrieren. Daher bieten sich im Winter die schönsten Gelegenheiten, um übers Eis zu spazieren, darauf Schlittschuh zu fahren, oder einfach dem Treiben dort zuzuschauen.
Die uns vom Sommer vertrauten Angler, waren auch im Winter da. Wir fanden sie nicht wie sonst um den See verteilt, sie saßen – wie man es von den Eisfischern aus Finnland kennt – direkt auf dem Eis. Zuvor hatten sie sich ein Loch ins dicke Eis gebohrt und angelten dort in aller Gemütsruhe.
Die Weihnachtszeit erlebten wir in China ganz anders als bei uns zuhause. Davon abgesehen, dass der Großteil der Gläubigen Buddhisten sind und die Christen nur einen kleinen Prozentsatz ausmachen, ist natürlich die typisch christliche Weihnachtsdeko nicht so verbreitet. Allerdings tut der Einfluss des Westens und vor allem das internationale Brandmarketing sein Übriges. Deshalb findet man inzwischen, im Privaten wie im Geschäftlichen, immer häufiger Weihnachtsdekorationen. Wie in jedem Land nimmt der örtliche Geschmack oder die Tradition darauf Einfluss. Ähnlich dem Spielzeug und den Kinderschuhen, lieben es die Chinesen, wenn die Deko nicht nur glitzert und leuchtet, nein sie muss auf jeden Fall blinken was das Zeug hält.
Nachdem sich mein Handy von meiner Gesäßtasche direkt in unseren Sanitärbereich verabschiedet hatte, brauchte ich dringend ein neues Handy. Im chinesischen Elektromarkt hatte ich recht schnell ein kleines schlichtes Klapphandy gefunden (ja zu dieser Zeit waren Klapphandys noch hip). Zu Hause legte ich sofort meine SIM-Karte ein und präsentierte der Familie stolz mein neues chinesisches Handy. Mein Mann machte umgehend einen Testanruf, um sicherzustellen, dass es auch tatsächlich geht. Es funktionierte bestens, es bot mir sogar weit mehr als erwartet. Mein schlichtes Handy mutierte bei Anrufen zu einer kleinen handlichen Discokugel, inklusive bunter Lichterorgel, es blinkte in allen Farben. Ich war sprachlos. In der weißen zarttransparenten Leiste, versteckte sich ein Farbspektakel, das Knight Riders Auto K.I.T.T. (wer es noch kennt) blass aussehen ließ. Somit bleiben sich die Chinesen nicht allein bei der Weihnachtsbeleuchtung, sondern auch bei der Handygestaltung treu.
Unsere Weihnachtsdeko fiel vergleichsweise schlicht aus
Schnee ist eher eine Rarität in Peking. Aufgrund der Trockenheit schneit es nur sehr selten, umso begeistertet waren wir alle, wenn es dann tatsächlich mal schneite, vor allem natürlich die Kinder. Unser Garten und der Park vor unserem Haus verwandelten sich zum Winterwonderland. Aus dem Schnee wurden, genau wie zuhause, große Kugeln gerollt und Schneemänner gebau. Der einzige Unterschied war, dass man in den chinesischen Schneemännern zeitweise Bambusblätter finden konnte.
Besonders überrascht waren wir, als wir hörten, dass man nicht weit weg von Peking Skifahren kann. Der Schnee besteht meist aus Kunstschnee, die anhaltende Kälte bietet die optimalen Randbedingungen dafür und Berge gibt es vor den Toren Pekings zur Genüge. Nur eine knappe Stunde entfernt, findet man bereits das nächste Skigebiet – Nanshan. Dahin sollte unser nächster Wochenendausflug gehen. Wir ließen uns den Weg beschreiben und machten uns am folgenden Wochenende auf, das Skigebiet zu erkunden. Die Bergwelt rund um Peking war uns von Ausflügen im Herbst bereits vertraut, dass dort Skifahren möglich ist, konnten wir uns noch nicht so richtig vorstellen. Dort angekommen staunten wir nicht schlecht. Es gab nicht nur einige ordentliche Skihänge, geschäftstüchtig wie die Chinesen sind, gab es auch für Nicht-Skifahrer die Möglichkeit ihren Spaß im Schnee zu haben. Man kann auf riesigen Reifen, in dafür präparierten Rinnen, den Berg runterrutschen und wird mit einem speziellen Lift, auf den Reifen wieder nach oben gezogen. Für die Kleinsten gibt es sogar ein Gratisvergnügen. Auf einem speziell dafür bearbeiteten Hügel, können Schneezwerge nach oben klettern und ganz einfach auf dem Popo wieder runterrutschen. Für den Hunger ist mit verschiedenen Restaurants gesorgt, die allerdings weitgehend den Charme einer 70er Jahre Schnellimbissbude haben. Neben den Skipisten kann man dagegen sehr nette Ferienwohnungen mieten, die französischen Chalets nachempfunden wurden und somit absolut ansprechend sind.
Für Skifahrer ist alles perfekt organisiert. Die meisten Chinesen besitzen keine Skiausrüstung, deshalb kann man von der Skihose, über Skier, Skistöcke und Skischuhe alles vor Ort mieten. Es scheint jedoch die irrige Meinung vorzuherrschen, dass bei der Skiausstattung das Können inklusive ist, oder sich der Rest auf der Piste automatisch ergibt. Aus diesem Grund war es nicht außergewöhnlich, dass die Skifahrer dort ihre Skier anschnallten, mit dem Skilift hochfuhren, und dann umgehend mit Schussfahrt den Berg wieder runter, zumindest bis zur nächsten Abgrenzung, oder dem unglücklichen Skifahrer, der fatalerweise in diesem Moment im Weg stand, oder sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte.
Wir nutzten dieses Skivergnügen gerne über den Winter, vor allem kam ich endlich mal in den Genuss unter der Woche Ski zu fahren. Im Allgäu hatte ich oft die Hausfrauen beneidet, die vormittags für ein paar Stunden auf die Piste gehen. Das Allgäu und seine Skigebiete sind zwar nicht sehr viel weiter weg von uns in Deutschland, aber ich hatte schlichtweg einfach nie die Zeit werktags Skifahren zu gehen. Deswegen gab es immer wieder einen lustigen Vormittags-Skiausflug mit Frauen und bis die Kinder vom Kindergarten kamen, waren wir wieder Zuhause.
Nach einem Jahr sollten wir ein weiteres Skigebiet kennen lernen – Wanlong. Es liegt ca. zweieinhalb Stunden Autofahrt von Peking entfernt. Dorthin fuhren wir auf Einladung einer Freundin, um gemeinsam mit weiteren Freunden ihren Geburtstag zu feiern. Fährt man in China weite Strecken über Land, kommt man recht schnell an seine Grenzen. Unser Auto war zwar Navigationsgerät ausgestattet, allerdings waren sie noch nicht so ausgereift wie die Navis von heute. Folglich wollten wir alle zusammen in der Kolonne fahren und dem Mann meiner Freundin folgen, er war bereits mehrmals die Strecke gefahren. Fahrten übers Land, durch typisch chinesische Dörfer, fand ich immer äußerst spannend und ich klebte wie ein Kind an der Autoscheibe, um ja nichts zu verpassen.
Unsere Gruppe bestand aus vier Autos, mit insgesamt sieben Erwachsenen und sieben Kindern. So fuhren wir gemeinsam durch die chinesische Bergwelt, vorbei an den Bärentatzen-Bergen – zumindest nannte ich sie immer so – da sie mich mit ihrer Form und Farbe an das Weihnachtsgebäck erinnerten.
Von Zeit zu Zeit konnte man in den Bergen große Löcher ausmachen. Der Hintergrund dazu, die Bergwelt in der Gegend in der wir unterwegs waren, besteht häufig aus Löß. Diese Laune von Mutter Natur, hatten sich die Chinesen zunutze gemacht. Sie gruben in die Berge Löcher um genau dort zu wohnen. Diese Erdhöhlen – oder auch Erdwohnungen genannt – haben den Vorteil, dass man Schutz darin findet vor den starken Winden, die in dieser Gegend (durch die lockere Lößerde) Staub und Erde mit sich tragen. Außerdem bieten sie im Sommer Schutz vor der Hitze und im Winter vor der Kälte. Erdwohnungen findet man natürlich nicht nur in China. Diese Idee hatten auch andere Völker rund um den Erdball. Inzwischen ist der Großteil nicht mehr bewohnt. Meist fährt man nur noch an den großen Löchern vorbei, doch es gibt in China durchaus noch heute Menschen die in Erdhöhlen wohnen. Man erkennt es daran, dass der Außenbereich verschlossen und entsprechend wohnlich gestaltet ist.
Nach zweieinhalb spannenden, aber ebenso ermüdenden Autostunden, waren wir endlich da. Vor uns tat sich ein kleines Ski Resort auf. Gut, die massigen Hotels waren optisch nicht besonders charmant, doch die Lage, direkt an der Skipiste, war fantastisch und ich konnte schon jetzt erkennen, dass das Skigebiet wesentlich größer war als in Nanshan.
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Das Hotel ist optisch vielleicht nicht sehr charmant … -
… aber äußerst praktisch direkt an der Skipiste gelegen
Die Zimmer waren sehr nett ausgestattet, eine Art Mini-Appartement und sie hatten sogar eine kleine Küchenecke und einen Esstisch. Zum Kochen nutzen wir die Küche nicht, außer für eine heiße dampfende Tasse Tee, die man bei der Kälte draußen bestens gebrauchen konnte. Zum Essen gingen wir ins Hotelrestaurant. Das Essen war wirklich vorzüglich. An das typisch chinesische Frühstücksbuffet mussten wir uns dagegen erst gewöhnen.
Bis auf die Betten waren die Zimmer weitgehend gleich ausgestattet. Einige hatten eine Futon-Matte als Bett. Da ich praktisch fast überall schlafen kann, bot ich an, dass wir das Zimmer mit dem Futon-Bett nehmen. Ich hatte schon auf Iso- und Thermarestmatten und natürlich bereits auf einer Futon-Matratze geschlafen, immer ohne Probleme. Meine Großzügigkeit bereute ich nachts bis aufs Äußerste. Das was ich vor Jahren als Futon-Matratze kennengelernt hatte, war vermutlich die verweichlichte Westvariante gewesen. Ich empfand sie damals bereits als recht fest, allerdings war sie Galaxien von dem entfernt, auf was wir nächtigten. Unsere Schlafunterlage bestand aus einer geflochtenen Bastmatte, ähnlich den zusammenrollbaren Strandmatten. Sie war natürlich wesentlich dicker als die Strandmatte, gleichwohl kein bisschen bequemer. Im Gegenteil, unter der Strandmatte hatte man den kuschligen und nachgiebigen Sand. Unter unserer Futon-Bastmatte war der knallharte Boden. Eigentlich wünscht man sich ja ein schlankes, fettarmes Aussehen. In dieser Nacht sehnte ich mich jedoch nach der Figur eines Sumoringers. Ich hatte das Gefühl nur aus Knochen zu bestehen. Noch nie hatte ich so deutlich jede einzelne Rippe, meine Beckenknochen und die Schultergelenke gespürt. Außer noch vielen anderen Gedanken, ging mir nachts durch den Kopf, dass sich eine Übernachtung auf dieser Unterlage perfekt für eine Anatomiestudie eignet. Beim Liegen kann man wunderbar jeden einzelnen Knochen und Knorpel erspüren. Die Kinder waren schnell weggeschlummert. Meinem Mann ging es definitiv kein bisschen anders als mir. Er wälzte sich ständig von links nach rechts, auf der Suche nach der bequemsten Lage, die es definitiv einfach nicht gab. Nach zwei unruhigen Stunden war ich sicher, dass an meiner Hüfte und meinen Schultern bereits das bloße Fleisch rausschaute, zumindest fühlte es sich so an.
Am nächsten Morgen schleppten wir uns, mit dem Gefühl nachts durchgeprügelt worden zu sein, zum Frühstück. Dort gab es eine große Vielfalt an Essen. Es bestand jedoch hauptsächlich aus Gemüse- und Reis und diversen Fleischgerichten, ansonsten gab es noch klebrig-süßes Gebäck. Zu Anfang war das chinesische Frühstücksbuffet für uns äußerst gewöhnungsbedürftig, doch je mehr wir in China reisten, umso normaler wurde es am Morgen eben Reis und Gemüse zu essen. Wer sich so gar nicht daran gewöhnen kann, der packt sich eben etwas Brot oder Gebäck ein. Allerdings passen sich manche chinesischen Hotels zunehmend den internationalen Standards an und bei den internationalen Hotelketten bekommt man das übliche, uns vertraute Frühstücksbuffet.
Der Ski-Tag war im Gegenzug zur Nacht umso schöner. Das Skigebiet war wesentlich größer und weitläufiger als in Nanshan. Umgeben von der typischen chinesischen Bergkulissen, so weit das Auge reicht, war das Skifahren hier wirklich ein außergewöhnliches Erlebnis.
Besonders als eine Herde Pferde (ob es Wildpferde waren weiß ich nicht, aber es hatte zumindest den Anschein) entlang der Piste galoppierte und dort graste, hatte ich – wie so oft in China – einen sogenannten Magic-Moment. Eine Mischung aus dem Gefühl, von etwas Neuem und Andersartigen, und zudem noch das Empfingen, nicht nur in einem anderen Land, sondern in einer komplett anderen Welt zu sein.
original chinesischen Klapphandy fotografiert
Unten im Tal kam ich abrupt zurück in die Realität, da sich dort das ganze Touri-Ski-Völkchen tummelte. Die Lage unseres Hotels, direkt an der Skipiste, war wirklich äußerst angenehm, da man jederzeit eine Pause einlegen, oder auch wieder losdüsen konnte. Perfekt, vor allem wenn man mit kleinen Kindern unterwegs ist. Das Hotel ist im gesamten sehr zu empfehlen, bis auf die Futon-Bett-Zimmer. Bei einer Buchung unbedingt beachten, außer natürlich für alle, die ein Anatomiestudium absolvieren wollen.
All diese winterlichen Ausflüge waren für uns jedes Mal ein recht unterhaltsames Vergnügen. Die bunteste Seite des Wintervergnügens, entdeckten wir allerdings erst zu Ende des Winters. Eine Bekannte empfahl uns unbedingt zum Houhai-See zu fahren. Er liegt im Herzen Pekings nahe der Verbotenen Stadt, inmitten eines Hutongviertel. Er war uns inwischen gut vertraut, da wir seit wir in Peking waren, bereits einige Kurzausflüge dahin gemacht hatten. Entweder um den nahegelegenen Glocken- und Trommelturm zu besichtigen, Essen zu gehen, mit den Rikschas zu fahren, um den See herum zu spazieren oder darauf Boot zu fahren, in den umliegenden Geschäften zu bummeln, oder um einfach so durch die Hutonggässchen zu streifen. Die Möglichkeiten sind dort sehr vielfältig und es gab stets etwas Neues zu entdecken. Seit dem Wintereinbruch waren wir nicht mehr dort gewesen und deshalb äußerst gespannt, was uns erwarten würde. Was aus den sowieso schon reizenden Hutongvierteln jedoch im Winter wird, davon waren wir gleichermaßen überrascht wie verzaubert. Wenn sich Schneehäufchen auf den roten chinesischen Laternen ansammeln, lange Eiszapfen wie eisige Bärte am Rand der verzierten Dachziegel hängen und die Dächer der Ausflugsboote am Houhaisee dick mit weißem Schnee gezuckert sind.
Obwohl wir inzwischen so einiges von China gewohnt waren und Überraschungen an der Tagesordnung standen, waren wir, als wir am See ankamen mal wieder mehr als sprachlos. Wir hatten alles erwartet, aber nicht das. Auf dem gesamten See tummelte sich ein buntes Völkchen. Sie rutschten und schlingerten mit den verrücktesten Gefährten über den See. Fahrräder mit Kufen, Stühle zum Schieben und sonst noch alles was man sich vorstellen kann – oder eher nicht vorstellen kann – rutschte über den See. Nur eines hatten alle gemein, jeder Einzelne hatte einen riesigen Spaß und es wurde gekichert, geprustet und gelacht. Nachdem wir aus unserer Sprachlosigkeit und Staunen erwacht waren, machten wir uns auf, um auch für uns nach einem mietbaren Fahruntersatz zu schauen. Und wenig später, kicherten und schlitterten wir, zusammen mit unzähligen Chinesen, über den See und hatten den größten Spaß aller Zeiten.
Nicht weit entfernt, hatte ich erneut einen typischen China-Magic-Moment, als ich abends in einem der Hutongviertel unterwegs war.
Von Zeit zu Zeit ging ich mit Freundinnen aus, um die kulinarische Vielseitigkeit Pekings zu entdecken und auszukosten oder um ganz einfach einen lustigen Mädelsabend zu verbringen. Wir waren in der Nan Luo Gu Xiang unterwegs, eine meiner erklärten Lieblingsstraßen in Peking. In der Nan Luo Gu Xiang findet man leckere Restaurants, Streetfoodläden und eine Vielzahl an bezaubernden kleinen Geschäften mit klassischen, oder auch modernem chinesischem Krimskrams und all das eingebettet in die historischen Courtyardhäuser. Just in dem Moment, als wir nach dem Essen auf die Straße traten, begann es in großen Flocken zu schneien. Wir waren allesamt schlagartig verzaubert und geflashed von einem Gefühl, dass man aus der Kindheit kennt, wenn der erste Schnee kommt oder wenn man Lust hat durch den warmen Regen zu rennen. Am liebsten hätten wir auf der Straße getanzt.
Das ist einer der Gründe, weshalb ich China so ins Herz geschlossen habe. China ist anders, China ist besonders und es gibt dort immer wieder Momente des Staunens, in denen uns das Herz aufgeht und diese Augenblicke sind in unserem Erwachsenenleben äußerst selten. Und genau solche Momente durfte ich im Land der Mitte immer wieder erleben.
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