Das neue Nest, ein Zuhause zählt zu den elementarsten Dingen in einer neuen Heimat um sich heimisch und sicher zu fühlen. Wie es uns dabei erging und wo wir uns zum ersten Mal heimisch fühlten …

Wo landet man als Expat in den ersten Wochen? Entweder man zieht in ein möbliertes Haus bzw. Wohnung oder man bestückt seine Unterkunft selbst. Bei Variante zwei stehen verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl. Eine davon wäre, man schickt den Mann voraus. Er übernimmt die Organisation und stattet das Haus nach seinem Gutdünken aus und man kann sofort in das neue Heim einziehen. Dies ist vermutlich die zeitlich effektivste Lösung, könnte allerdings – wenn man nicht zu den geschmacklich-100%-symbiotischen-Paaren zählt – im Nachgang für den einen oder anderen Diskussionspunkt und für leichte Turbulenzen im Eheleben sorgen. Da ich so gar nicht auf Turbulenzen in der Luft stehe und noch viel weniger auf der Erde, entschieden wir uns für eine weitere Variante, die ersten Wochen in einem Serviceappartement zu verbringen und gemeinsam die Möbel auszusuchen.

UNSER ZUHAUSE FÜR DIE ERSTEN VIER WOCHEN

Mobiliarer Overkill

Entscheidet man sich für die Serviceappartement-Variante, setzt dazu den Einzugstermin auf exakt 4 Wochen später und hat zudem noch den Anspruch nicht in ein leeres Haus einzuziehen, dem bietet sich nur eine Option – die gesamten Möbel am ersten Wochenende auszusuchen! Da wir sehr wohl auf reduziert stehen, aber schlussendlich doch nicht zu den Minimalisten zählen, beschlossen wir in den sauren Apfel zu beißen und so zogen wir gemeinsam am ersten Wochenende mit unseren Kindern los. Wir fanden uns in einem gigantischen Möbelhaus wieder, das sich über mehrere Gebäude verteilte. Wer steht nicht auf eine ordentliche Auswahl!  Doch im Hinblick auf die etwas begrenzte Zeit, war es für uns der absolute Overkill und diese prächtige Auswahl wurde für uns zur absoluten Ausqual.

BLICK HINAUS IN DIE NEUE HEIMAT

Nach der ersten kurzen Panikattacke, und dem Bewusstwerden, dass das übliche monatelange beäugen des Styles, der Qualität und des immer-wieder-Kommens dieses Mal komplett ausschied, galt es nun schnell und effektiv zu sein. Zeitdruck kann gelegentlich durchaus hilfreich sein, da unsere Überlebenstriebe jegliche Feinheiten, Sensibilitäten und zusätzliche Optionen komplett eliminieren und nur noch die bloßen Fakten übrigbleiben.

Überlebensstrategie Punkt 1 – die Lage sondieren. Wir machten einen Schnelldurchgang durch die verschiedenen Gebäude und konnten so recht schnell eingrenzen, dass sich die Häuser, im Ansatz zumindest, thematisch unterschieden.

Punkt 2  – galt dem Selektieren. Ausselektiert wurde goldener Prunk, Plüsch und Glitzer sowie die Häuser mit netten Markenmöbeln, die wohl sehr gut in unser neues Haus, jedoch weniger zu unserem Geldbeutel passten. Eskortiert von unseren beiden Mädchen zogen wir durch ein Haus nach dem anderen.

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UNSER SERVICEAPPARTEMENT. LINKS VORNE UNSER GEPÄCK – ZUMINDEST EIN TEIL DAVON

Der erste Kultureindruck

„Mädchen sind ja so süß, man kann sie so schön anziehen und sie spielen stundenlang friedlich mit Puppen“. Diese Statements hörten wir über die Jahre immer wieder. Ja unsere Mädels waren definitiv sehr süß, sie spielten auch gerne mit Puppen und liebten schöne Kleider, beim Wort friedlich endete bei ihnen allerdings das typische Mädchenklischee. Rennen, toben, erkunden machte den Großteil ihres Tages aus. Sie standen Jungs in ihrem Alter in nichts nach. Im Gegenteil hatten sie schon manchen Jungen mit ihrem Temperament in die Flucht geschlagen. Ich denke es braucht nicht viel Phantasie, wie unser Tag mit den Kids im Möbelhaus verlief.

Die Betten absolvierten innerhalb weniger Minuten einen 5-Jahresbelastungstest. Die Gänge zwischen den Möbeln, wurden zur neuesten Rennteststrecke erkoren, Rechnungsblöcke wurden zu Malzetteln, Taschenrechner zum Klavier und die Regale zu Klettergerüsten. Normalerweise gehörten wir zu den Eltern die sehr schnell einschreiten um rechtzeitig Grenzen zu setzen. Doch auch hier blendete der Zeitdruck und die fehlende Alternative jegliche Angst- und Anstandsgrenze komplett aus und wir ließen ausnahmsweise die Kinder einfach machen, schickten ein kurzes Stoßgebet an ihre Schutzengel und an die der Menschen, die sich in ihrer Nähe befanden, und beschäftigten uns mit dem Wesentlichen – dem Möbel aussuchen. Dieses Erlebnis brachte eine besondere Erkenntnis und einen unser ersten Kultureindrücke von China mit sich – die Geduld und Kinderfreundlichkeit der Chinesen ist fast unbegrenzt.

MÖBELHAUS ALS SPIELWIESE

Heimatgefühle

Den Abschluss unserer Tour machten wir zu Ikea. Urplötzlich fühlten wir uns inmitten dieser neuen riesigen Millionenstadt wie Zuhause. Das Ikeahaus in Peking gehört mit dem schwedischen Mutterhaus, zu den größten der Welt und ist wirklich riesig. Trotz der gigantischen Dimensionen war uns alles vertraut wie in einer wohlbekannten Puppenstube. Glücklich rannte ich den typischen Ausstellungszirkel ab und stöberte in der riesigen, aber fast identisch aufgebauten Markthalle. Der Großteil des Sortiments war altbekannt. Erfrischend dabei war, dass es immer wieder chinesische Besonderheiten gab, vor allem bei den Haushaltsgeräten. Damals war mir allerdings noch nicht klar, zu was ein spindeldürres Nudelholz ohne Griffe diente und für was man im normalen Haushalt ein Messer – im Format wie mein Schlachter es verwendet – brauchte. Auch im Restaurant fanden sich zwischen chinesischer Reispfanne und Frühlingsröllchen, die guten alten Köttbullar.

Eigentlich bin ich ein Befürworter kleiner, individueller Geschäfte. Doch hätte ich diesem Moment die Zeit gehabt bzw. hätte man mich gelassen, so hätte ich ein Loblied auf die Globalisierung gesungen. Nie hätte ich mir vorgestellt wie wohltuend es sein konnte, die typische Ikearunde zu laufen. So hatten wir unser erstes Heimatgefühl im Ausland, im schwedischen Möbelhaus. Nur ein gravierender Unterschied erinnerte uns daran, dass wir nicht in Deutschland waren –  friedlich schlummernde Chinesen, die wir immer wieder in den Ausstellungsbetten fanden.

Und so geht es weiter …

Taxifahren ist ja nun wirklich nichts Besonderes – außer in Peking. Wie es uns bei unserer ersten Taxifahrt erging und was man braucht um ans Ziel zu kommen

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2 thoughts on “LIVING IN CHINA – Die ersten Wochen – „Nestbau“

  1. Pascale

    Ni hao,
    herzlichen Glückwunsch zu Deinem Blog! Sehr schöne Fotos und stimmungsvolle Berichte. Da werden ganz viele Erinnerungen wach!
    Auch wir haben uns in den ersten Tagen bei Ikea übrigens sehr heimisch gefühlt und das Gewusel neben den in der Ausstellung schlafenden Chinesen bewundert:-)

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    1. Wanderfalke Post author

      Ni hao liebe Pascale, es freut mich sehr, dass Du Dich in meinem Blog bzw. meinen Berichten wieder findest und dass Dir meine Berichte und Bilder so gut gefallen. Das ist für mich eine tolle Motivation weiter zu machen. Xiexie ni!

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